Der Säure-Basen-Haushalt
Der normale pH-Wert des arteriellen Blut, also des Bluts in den Arterien (= Schlagadern), beträgt 7.4 (± 0.04). Dieser Wert muss als das innere Milieu des Organismus stets konstant gehalten werden. Andernfalls entgleist der Stoffwechsel und bringt Gefahren für Leib und Leben mit sich. Überall im Organismus, in seinen Zellen, im Knochen, im Blut und überall sonst fallen beim Stoffwechsel ("bei den chemischen Verbrennungsvorgängen, die den Organismus mit Energie versorgen und sein Leben aufrechterhalten"), ständig Säuren und basische Verbindungen an. Das Blut aber zirkuliert im Körper durch den Blutkreislauf überall hin, zu jedem Organ und zu jedem Gewebe und erreicht auf diese Weise jede Zelle. Es bringt Nährstoffe und Sauerstoff hin und transportiert die Abfälle, also auch die anfallenden Säuren und basischen Verbindungen, ab. Damit diese Stoffe seinen pH-Wert nicht verändern, muss der Organismus dieser ständigen Bedrohung irgendwie vorbeugen. Das leistet er im Rahmen seiner Fähigkeit zur Selbstregulation dadurch, dass er sich durch einen bestimmten Regulationsmechanismus um die Aufrechterhaltung eines Säure-Basen-Gleichgewichts kümmert. Dieser Regulationsmechanismus heißt der Säure-Basen-Haushalt. Er wird bewerkstelligt erstens durch die chemische Pufferfähigkeit des Blutes und zweitens durch systemische Säure-Basen-Regulation, das heißt, durch die Ausscheidungsorgane (Niere, Lunge, Leber, Schweißdrüsen). Wir betrachten sie jetzt der Reihe nach.
1. Das Puffersystem des Bluts
Das ist ein sehr ausgeklügeltes System und kann hier nicht im Detail diskutiert werden. Es besteht aus einer ineinandergreifenden Wirkung von Bikarbonaten, Blutfarbstoff, Bluteiweißen und Blutphosphaten. Eine besondere Rolle dabei spielt die Kohlensäure im Blut, H2CO3, die sich nach folgender Gleichung in beiden Richtungen verändern kann. Nach rechts dissoziiert sie in Wasserstoffionen und Bikarbonationen (Bikarbonat-Ionen):
H2CO3 ↔ H+ + HCO3—
Nach links kann sie sich wieder regenerieren. Dieser umkehrbare Vorgang wirkt als ein hervorragender Puffer. Bei Säureaufnahme aus dem Gewebe werden die aufgenommenen H+-Ionen durch die HCO3—-Ionen gebunden (Richtung nach links) und auf diese Weise pH-mäßig unwirksam gemacht. Bei Aufnahme von basischen Stoffen aus dem Gewebe werden H+-Ionen abdissoziiert (Richtung nach rechts), die die entstehende Basizität ausgleichen. Auf diese Weise kann das Blut die anfallenden Wasserstoffionen und Hydroxidionen, H+ und OH—, aufnehmen und dadurch die pH-Verschiebungen verhindern. Da diese Auffangkapazität nur begrenzt sein kann, müssen die Säuren- und Basenreste irgendwie wieder aus dem Blut verschwinden. Diese Elimination erfolgt durch den folgenden Mechanismus der kontinuierlichen Ausscheidung.
2. Systemische Säure-Basen-Regulation
Durch das vorläufige Auffangen der sauren Wasserstoffionen ("der Säuren") wirkt das Blut als ein Puffersystem. Denn es gibt das Aufgenommene wieder ab, weil drei Organsysteme zur ständigen Ausscheidung bereitstehen: die Lungen, die Nieren und die Leber.
Die Lungen scheiden die im Stoffwechsel anfallende Kohlensäure (H2CO3) aus, indem sie sie in das Kohlendioxidgas CO2 umwandeln und dieses ausatmen. Die Nieren scheiden Wasserstoffionen und ihre Träger aus und leisten viele andere Beiträge zur Entsäuerung. Und die Leber greift durch die Harnstoffsynthese aus stickstoffhaltigen Abfällen in den Säure-Basen-Haushalt ein, weil sie dabei Bikarbonationen verbraucht, die für die Basizität im Organismus wichtig sind.
Wenn diese genannten Regulationsmechanismen nicht hinreichend funktionieren oder wenn durch falsche Ernährung so viel Säuren oder basische Substanzen im Organismus produziert werden, dass diese Regulationsmechanismen sie nicht mehr bewältigen können, dann kommt es zu Störungen des Säure-Basen-Haushalts.